Alex hatte sich entschuldigt. Für ihr pampiges Verhalten Michael gegenüber. Das hatte sie doch nicht so gemeint. Momentan standen sie alle unter Strom. Sie lehnte sich an die Wand. Der Gang war wirklich schmal. Michael stand vor ihr. Sie sahen sich in die Augen. Er erwiderte nichts. Zumindest keine Worte, beugte sich stattdessen vor. Sie spürte seinen warmen Atem, senkte kurz verschämt den Kopf, lächelte dann doch und sah wieder auf. Michaels Augen. Ozeanblau. Sein Lächeln. Unendlich weit. Sie kannte dieses Gesicht. Kannte es schon so viele Jahre. Hatte es unzählige Male betrachtet. Mal kurz, mal länger. Flüchtig. Intensiv. Hatte es auch schon das ein oder andere Mal berührt. Mit den Händen, mit den Lippen. Sie schaltete ihren Kopf aus, schloss die Augen, ließ sich fallen. Fühlte nur noch. Fühlte seine Lippen, fühlte seine Hände. Spürte die Liebkosungen so intensiv, wie noch nie zuvor bei einem Mann. Ihre Lippen passten perfekt auf seine. Ihre Zungen schmiegten sich harmonisch aneinander. Seine Hände auf ihren Wangen, ihre Finger an seinem Hals. So perfekt.
Sie lösten sich langsam voneinander. Sehr langsam. Alex hielt den Kopf ein wenig gesenkt, die Augen geschlossen. Sie spürte die feine Röte, die sich mit einem Mal über ihre Wangen zog. Seine Daumen streichelten immer noch die zarte Haut. Sein Blick tastete ihr Gesicht ab. Zitternd sog sie die Luft ein. Öffnete die Augen. Ozeanblau. Langsam, ganz langsam zog er seine Mundwinkel nach oben. „Ich hab fast damit gerechnet, dass Gerrit uns stört.“ Seine Stimme war rau. Leise. Ein wenig belustigt. Ging ihr durch Mark und Bein. Er sah sie noch immer an, nahm seine Hand nicht weg. Als sich schließlich ein feines Lächeln auf ihr Gesicht zauberte, schien er zu Frieden zu sein. Nahm seine Hand von ihrer Wange. Sie atmete aus. Wann hatte sie die Luft angehalten? Keine Sekunde zu früh, Gerrit bog um die Ecke. An seiner Hand der Junge. „Tapferer kleiner Kerl bist du.“ Hatte sich zu dem Jungen herunter gebeugt. Seine Kollegen noch nicht wahrgenommen.
„Sehen wir uns heute Abend?“, fragte Michael leise. Alex sah den Jungen an, Gerrit, an, Michael an, wieder den Jungen, Michael. Sie nickte und lächelte für den Bruchteil einer Sekunde. „Ich geh dann mal gucken was die Kollegen draußen machen“, sagt er. Laut genug, damit Gerrit ihn hörte. Ließ Alex Hand erst los, als es nicht anders ging. Es war ein Versprechen. Nie mehr allein.
So wäre das also gelaufen, wenn Gerrit nicht mitten im Kuss reingeplatzt wäre? Interessante und gefühlsvolle Theorie. Ich habe keinen Rechtschreibfehler gefunden, klasse!